Gummistiefel

Ostsee. Meer, Buden, Musik, Glühwein, Menschen…. ein Hauch von Leben und Urlaub umgibt mich. Das zeiht mit, hebt die Laune, trotz Müdigkeit.

Meinen Sohn hält das nicht davon ab, so lange mit Absicht zu nerven und zu ärgern, dass es schon am späten Morgen kracht, und er eine gefühlte Stunde alleine heulend im Spielzimmer hockt, weil ich ihm androhe, dass er nun allein hier bleibt, weil’s einfach reicht.

Das versetzt ihn natürlich in Panik, und tiefe Reue… einen Zustand, den ich genüsslich auskoste, bis ich ihn großzügig erlöse und ihm „nochmal eine Chance gebe“.

Er darf also mit, wir ziehen los, zum Strand.

Weite. Sand. Endlich. Das, wofür wir da sind. Die Wellen und Muscheln sind so unwiderstehlich, dass die Schuhe bald nass sind, außerdem ist Mittag, also zurück zur Hütte.

Frischer Fisch, etwas Ruhe, geglättete Wogen.

Dann zieht es wieder nach draußen, das Leben und der Urlaub ruft.

Auf dem Weg zurück zum Meer ein Stop im Schuhladen. Ich kaufe den beiden für 50 Euro wirklich schöne Gummistiefel, naja, und die 50 Euro sind´s ja wert, dass die Füße die nächsten 7 Tage trocken bleiben.

Während die beiden neu beschuht Oma und Opa zum Strand folgen, laufe ich zurück, die alten Schuhe abladen.

Auf dem Rückweg bleibe ich an dem kleinen Glühweinwagen am Spielplatz hängen, ein kleiner Glühwein denke ich mir, ganz allein, nur kurz – und genieße diese Seltenheit in vollen Zügen.

Mal kurz bin ich wieder nur Laura, frei, allein, nicht Mama, einfach nur ich. Allein im Leben. Mit Glühwein.

So ist Urlaub.

Beschwingt gehe ich den restlichen Weg zum Strand, an´s Meer, und dann links, wie abgemacht.

Irgendwann ruf ich meine Mam an, weil ich in dem Dämmerlicht nichts sehen kann…. schon an ihrem Ton merke ich, dass was nicht stimmt.

Ein paar Meter weiter sehe ich Wanda, sie hüpft auf mich zu, und dann sehe ich auch Bruno und Thomas.

Wanda ist bei mir angekommen, und ich verstehe…. – ihre klitschnassen Hosenbeine stecken in klitschnassen Gummistiefeln. Nass bis zu den Knien. Brunos Beine sehen nicht anders aus.

Erst bin ich fassungslos. Bin kurz sogar noch ruhig, vielleicht ein „echt jetzt“, ich weiß es nicht mehr.

Dann verliere ich die eben noch nicht mal dagewesene Fassung.

All die Action.

Das Schwitzen im Schuhladen.

Die 50 Euro.

Hin – und Hergelaufe.

Die gute Stimmung… all das, für nix.

Weil diese Gören nicht EINMAL ihr Hirn einschalten können.

Und ich raste aus.

All die Wut, all der Frust kommt in einem Schwall, ich schimpfe, fluche, mache die beiden zur Schnecke, alle Touris hören mit, es ist mir egal. Ich stapfe los, die beiden im Schlepptau, denn der Gedanke, dass die beiden nach all den Wochen WIEDER krank werden ist schlimmer als alles andere, den ganzen Weg zurück, zurück.

Die beiden kommen so schnell nicht mit, aber das ist egal, bloß auf Abstand bleiben, sonst vergess ich mich.

Zurück im Haus schmeiss ich Ihnen nochmal lautstark an den Kopf, was ich von ihnen und ihrem hirnlosen Verhalten halte, muss mir dann noch Kommentare wie „die Gummistiefel bringen ja nix !“ anhören, und koche immer mehr.

Ich entscheide dann aber, dass ich mir nicht ALLES verderben lasse, ziehe mich wieder an und sage: „viel Spaß euch, bis später“.

Bruno sieht mich verständnislos an, sagt „hä?“, zwei Tränen noch unter den Augen. Ich frage sie, ob sie im Ernst glauben, dass ich jetzt wegen ihnen den Abend hier verbringen werde, und will schon gehen, da sagt Bruno zerknirscht : „Ähm, Mama, gibt es vielleicht noch irgendwas, was ich essen kann, ich hab nämlich schon Hunger…“

…also nochmal zur Küche, ne Semmel aufschneiden, den Rest schafft er alleine.

Ich gehe, treffe die beiden zurückgebliebenen an einer Currywurstbude im Ort mit grauenvoller Ballermannmusik.

Wir stehen irgendwie alle drei unter Schock, und es dauert ein bisschen, bis die Stimmung sich lockert. Und dank Glühwein können wir irgendwann wieder lachen.

Da ich nicht zurück will, bloß nicht zurück, meine Mam aber schon, geht sie zu den Wilden, und Thomas und nochmal zum Strand. Die bestellte Fischsemmel gibt es zwar nicht mehr, dafür aber mehr Glühwein mit köstlichen Pralines am Lieblingsstand am Spielplatz, nette Gespräche, Gelächter… und sogar über whatsapp sehr reuige Entschuldigungen von Wanda, die sich zugegebenermaßen sehr gut anfühlen.

Und die Moral von der Geschicht?

Das Geld kann man sich sparen, die Füße WERDEN nass.

Wut tut manchmal einfach gut.

Glühwein auch.

Eltern, die sich sowas freiwillig antun, anstatt einfach alleine an die Ostsee zu fahrem, sind Gold wert.

Und am Ende wird alles gut. Und wenn es noch nicht gut wird, dann ist es noch nicht das Ende.

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